Über Robin, zwei Leben und Lavendel
Gloria Blau und ich sitzen über den Dächern von Berlin an einem heißen Sommernachmittag im August. Die Sonne spiegelt sich im Fernsehturm und die Flutlichtmasten des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark grüßen den blauen Himmel.
Seit Sommer 2018 ist Glorias ältester Bruder Robin tot. Er hatte Bauspeicheldrüsenkrebs und ist drei Jahre nach der Diagnose im Alter von 27 Jahren gestorben. „Wir hatten eine ganz enge Bindung zueinander, Robin war meine Bezugsperson“, erzählt Gloria. Ebenso davon, dass er ein cooler Typ war, ihr viel beigebracht hat, Medizin studierte und Rugby spielte. „Als Robin wegen der Krankheit nicht mehr selbst spielen konnte, hat er eine Frauenmannschaft aufgebaut. Er war da sehr leidenschaftlich, motivierend und ein guter Trainer“.
Heute ist Robin wie ein innerer Begleiter für Gloria. „Ich versuche Robin in den Alltag zu integrieren. Ich stelle mir vor, dass er immer noch an meiner Seite ist, so eine Art Schutzengel. Er passt auf mich auf. Das macht mich auch stark. Er inspiriert mich, auf mich zu achten und er begleitet mich, in der Art wie ich mit Dingen umgehe. Er war sehr resilient, hat viel weggesteckt, war verständnisvoll, empathisch und positiv und hat dabei alles „gemanaged“.
Unterstützt in ihrer Trauer hat Gloria die Musik. Sie ist Musikerin und Songwriterin. „Songs zu schreiben, hilft mir meine Gefühle anzuschauen, auch die Trauer und den Schmerz. Es geht zuerst um den Text. Die Akkorde und die Melodie kommen dann von selbst. Wenn ich einen Vers schreibe, dann beschreibe ich mein momentanes Gefühl und sehe dadurch, wie es mir gerade geht. Das hilft mir auch die Gefühle so zu akzeptieren wie sie sind. Ich kann meine Erkenntnisse oft erst annehmen, wenn ich einen Song daraus gemacht habe“.
In ihrem Song „Zwei Leben“ singt Gloria:
„In meinem ersten Leben bin ich ein Star.
Ich will meine Träume leben und arbeite hart.
Ich habe meine Sprüche und mein Lächeln parat,
wenn sonst alles schweigt, bin ich die, die was sagt.Doch in meinem zweiten Leben bin ich erfroren,
ich liege im Bett, als wäre ich mit dir gestorben.
In meinem zweiten Leben sage und tue ich nichts
Und vermisse dich.“
„Gerade der Song „Zwei Leben“ ist so beruhigend für mich“ sagt Gloria. „Wenn ich ein paar schlechte Tage habe, dann bin ich in meinem zweiten Leben. Ich muss nicht immer funktionieren, es muss nicht immer alles gut sein. Es ist auch o.k. im zweiten Leben zu sein und es ist ein Song, der auch anderen Menschen helfen soll, dies zu akzeptieren“.
Im Frühjahr 2020 kam Glorias Akustik- EP „Wenn es dunkel bleibt“ heraus. Darauf finden sich sechs Songs, die über Glorias Trauer nach dem Tod ihres Bruders erzählen. Ihre Musik war und ist ein Trost für sie selbst in dunklen Zeiten. „Das war primär erstmal nur für mich, jetzt hat es sich dahin entwickelt, diese Songs zu veröffentlichen und es ist mir auch ein Anliegen damit trauernde Menschen zu erreichen.“
Am 28. August erscheint Glorias Single „Lavendel“ mit dazugehörendem Video. Dabei geht es um das Lebensende, Glorias eigene Trauerfeier und dass sie auf ihrem Grab gerne Lavendel gepflanzt haben möchte. „Ich wurde inspiriert von dem Grab meines Bruders. Das ist ganz bunt und wir haben viele verschiedene Sachen darauf gepflanzt, darunter auch Lavendel.“
Vor kurzem hat sich Gloria die Anfangsbuchstaben ihrer beiden Brüder aufs Handgelenk tätowieren lassen. „Dann habe ich sie immer dabei“ – Robin und Victor.
Mehr Informationen zu Gloria Blau auf ihrer Website.