Wie stirbt man eigentlich?
„Wie stirbt man denn eigentlich? Ich weiß gar nicht wie das geht.“
Nach längerer Zeit wollte ich mich endlich wieder einmal mit meiner Kollegin, Sterbe- und Trauerbegleiterin sowie Hospizkoordinatorin treffen. Es war ein Tag, an dem eine frische Brise, die drückende Sommerhitze ein klein wenig unterbrochen hatte und wir saßen auf gelben Sesseln im Schatten eines Straßencafés. Vor vierzehn Tagen ist eine gute Freundin meiner Kollegin gestorben und eines der vielen Gespräche, die sie zusammen hatten, bewegte meine Kollegin sehr in ihrem Herzen.
Meine Freundin ist mit 55 vor zwei Wochen nach langer Krankheit gestorben. Sie hatte letztes Jahr an Weihnachten schon eine Zeit, wo wir uns am Krankenbett verabschiedeten und wir nicht damit gerechnet hatten, dass sie nochmal nach Hause kommt. Sie war nicht ansprechbar und es stand schon die Frage im Raum, ob sie zum Sterben ins Hospiz gehen würde. Dann kam sie doch noch einmal nach Hause, wurde vom Palliativ- und Pflegedienst versorgt und war sogar wieder ansprechbar.
Bei einem Treffen sagte sie zu mir: ,Weißt Du, ich wäre damals schon gerne gegangen. Das war ein guter Zeitpunkt, aber ich weiß gar nicht, wie das geht. Wie stirbt man denn eigentlich?‘
Ich war ganz berührt und erstmal erstaunt über die Einfachheit der Frage. Wer soll da eine Antwort darauf geben? Man kann es ja nicht wissen. Wie geht das denn? Es gibt keine Anleitung dafür sowie es auf manche Fragen auch gar keine Antworten gibt. Manche Fragen sind so einfach in der Fragestellung, ohne philosophische Hintergedanken, und trotzdem sind es große Fragen“, sagte meine Kollegin nachdenklich.
„Als sie dann vor vierzehn Tagen gestorben ist, bin ich abends zu ihr nach Hause gegangen und da sah sie ganz friedlich und entspannt aus und ich habe gedacht: ,Jetzt weißt du, wie es ist, wenn man stirbt.‘“
Wir schwiegen einen Moment zusammen und dann sagte meine Kollegin noch: „Ich hatte das Gefühl, dass es nicht so schwer war für sie.“